Als Produzent von elektronischer Musik hat am es einfach. Mit wenigen Mitteln bekommt man zauberhafte Klänge aufs Band bzw. aufs Ohr. Diese Mittel sind zum einen elektronische Klangerzeuger, Technik der ich sehr verbunden war, und zum anderen natürlich Software zur Tonerzeugung und Ansteuerung der Geräte. Das Thema Computer und dessen Software zur Musikproduktion stand bei mir hoch im Kurs, schließlich war es mein Wunsch gewesen, beruflich irgendwann mal was mit Computern zu machen. Begonnen hat diese Leidenschaft schon als Steppke. In den 80er Jahren schaffte es mein Papa immer mal wieder, den betriebseigenen Heimcomputer „robotron Z9001“ mit nach Hause zu bringen. So konnten wir Kinder daran Spielen und Lernen. Ziemlich schnell stieg ich hinter die Geheimnisse der Bits und Bytes, erstellte eigene Spiele und durfte meine Kreationen als Siebentklässler im Computerkabinett unserer Schule, der POS „Otto Schön“, präsentieren. Dass mich dies sogar in die Zeitung gebracht hat, war fantastisch und bestätigte meinen Forschungsdrang. Aber ich schweife etwas ab, hier geht es nicht um Computer an sich sondern um die Software, die darauf läuft. Die Entwicklungen der Zeit brachten neue „leistungsfähige“ Standardcomputer hervor, welche natürlich auch für die Musikproduktion genutzt wurden.
Scream Tracker
Die ersten Gehversuche auf dem Musikpfad unternahm ich mit dem Programm „Scream Tracker“. Das Programm brauchte nur eine DOS-Umgebung und einen Soundblaster, der die Klänge hörbar macht. Ein 386er PC mit MS-DOS 6.22 war vorhanden, die Soundkarte erkaufte ich mir Mitte der 90er Jahre. Damit ein Musikstück mit Hilfe dieser Software entstand, musste man Instrumente laden und ansteuern. Dies konnte entweder der FM-Synthesizer der Soundkarte sein oder man nutzte gesampelte Soundschnipsel, welche als WAV-Datei auf der Festplatte lagen. Der Scream Tracker ist ein Mehrspur-Sequencer ohne Schnittstelle nach außen. Ein dort erstelltes Werk konnte man nur Abspielen und über die (analoge) Audioschnittstelle mit einem anderen Gerät aufzeichnen. Das ist auch der Grund, warum in meinem Studio immer zwei Computer standen. Einer spielte das Lied ab, der andere nahm auf. So habe ich digitale Masterdateien meiner Werke erzeugt.
Leider war die geringe Flexibilität dieses Programms schnell ausgereizt. Am hinderlichsten war, dass man Töne und andere Parameter händig eintippen musste. Es gab keine Möglichkeit, Noten, Tonhöhen oder Lautstärken einzuspielen, also aufzunehmen. Mit der Einführung von Microsoft Windows änderte sich das grundlegend. Nun gab es eine Maus und graphische Bedienelemente, die interaktiv benutzt werden konnten.
Steinberg WaveLab
Gut klingende Instrumente zu erhalten war eine kleine Kunst. Es war nötig, die Sounds, die man verarbeiten wollte, aus fertigen Musikstücken zu sampeln. Es gab zwar auch fertige Instrumentenbanken, die allerdings recht altbacken klangen. Mit einen guten Wave-Editior war genau das möglich. Man konnte sehr genau schneiden und es standen reichlich Filter für die Nachbearbeitung zur Verfügung.
Nachdem die Einzelteile eines Musikstücks zusammengesucht waren, wurde diese Instrumentendatenbank in ein Format gepackt, was mit anderer Software genutzt werden konnte. Meine Soundkarte von der Fa. Creative Labs hatte die wunderbare Eigenschaft, die Instrumente in sogenannten SoundFontBanken zu organisieren und diese direkt in den Speicher der Soundkarte zu laden. Damit man mal eine Vorstellung davon hat, habe ich hier mal einige dieser Instrumente (Acid, Clap, Drum, Highhat) hintereinander abspielen lassen. Der VLC-Player macht das ja sehr gut.
Steinberg Cubase
Danach kam der kreative Part einer Musikproduktion. Es galt, die Instrumente mit einem Sequencer-Programm zu arrangieren. Hier setzte ich schon immer auf Steinberg Cubase. Frühe Versionen dieses Programms funktionierten ausreichend gut genug, um die angesprochenden SoundFontBanken anzusteuern. Richtig spannend wurde es aber, als die VST-Version rauskam.
Diese VST-Version bot die Möglichkeit, sogenannte VST-Instrumente zu bedienen. Dies sind kleine Softwareschnipsel, die Töne teilweise nur über Berechnungen erzeugen können. In Form von Plugins hatte man plötzlich unendlich viele Tonerzeuger zur Verfügung.
Der Funktionsumfang von Cubase war aber weitaus größer als nur Noten zu arrangieren und Instrumente anzuspielen. Es stand ein komplettes Mastering-Studio zur Verfügung. Tausende Filter, Mixer, Router, Editoren und das ReWire-Tool konnte für echte Freude am Musikmachen sorgen. Außerdem hatte ich mit dieser Software endlich die Gelegenheit, andere musikelektronische Geräte anzubinden. Das Zauberwort zur Kommunikation mit der Außenwelt heißt „MIDI„. Über diese Schnittstelle, die jede Soundkarte in Form des Game-Ports beinhaltet, war es möglich, beispielsweise ein Keyboard anzusteuern. Damit war die Klangerzeugung nicht auf die Software und die Soundkarte beschränkt sondern auf externe Geräte erweitert, die wieder eigene Modifikationsmöglichkeiten mit sich brachten. Bei der Rechenleistung der damaligen PCs war zudem allein mit softwaregestützter Klangerzeugung schnell eine Grenze erreicht.
Propellorheads Reason
Ich erwähnte eben das ReWire-Tool von Cubase. Darüber war es möglich, andere Softwaresythesizer anzubinden und zwar nicht über MIDI, sondern über einen internen Layer. So kam es, dass ich mich schnell in die Software Propellorheads Reason verliebte. Es gab Synthesizer, Rhythmusmaschinen, Sampler, Mixer und viele viele viele weitere Maschinen, die man einfach in ein virtuelles Rack einbauen konnte. Nach dem virtuellen Verkabeln mittels TAB-Taste und Kabel zeihen mit der Maus – was ich bis heute als eines der coolsten Dinge überhaupt empfinde – hatte man dann diverse Software-Kanäle belegen können, die wiederum in Cubase über das ReWire-Tool zur Verfügung standen. Somit konnte man das Arrangement in Cubase machen, die Tonerzeugung erledigte Reason, die Aufnahme fand wieder in Cubase statt. Alles auf dem selben Rechner. Alle Daten waren vollständig synchronisiert. Es gab softwarebasierte Audiostreams, Controls und Timings – vergleichbar mit dem heutigen DANTE-Protokoll.
Propellorheads ReBirth RB-338
Wie cool oder? Da ich ja ein Techno-Fan war und der Sound der Roland TB-303 bei mir schon immer für Blutdruck gesorgt hatte, habe ich auch wegen Unbeschaffbarkeit der Hardware-Variante das Glück gehabt, die Software Propellorheads RB-338 zu bekommen. Nach dem gleichen Prinzip, unter Nutzung von ReWire, wurden hiermit fantastisch zwitschernde Musikstücke möglich. Doch die Software hatte auch einen eigenen Seqenzer, so dass es oft ausreichte, das Arrangement direkt in RB-338 zu erstellen und dann nur noch mit Cubase aufzuzeichnen. Hier und da kamen noch ein paar andere Instrumente dazu oder auch über Mikrofon aufgenommene Einspielungen. Und das war es dann schon. Fertig waren die fettesten Acid-Tracks.
Native Instruments Battery und B4
Der Vollständigkeit halber möchte ich zwei VST-Instrumente vorstellen, die ich zwar selten nutzte, die aber einen durchaus hohen Nutzen hatten. Native Instruments „Battery“ war ein Sampler mit einem Drumpad und „B4“ eine (Kirchen-)Orgel. Hätte man über MIDI kompatible Hardware angeschlossen, wären diese Instrumente quasi wie echte Instrumente spielbar gewesen. Aber solche Hardwarecontroller standen mir leider nicht zur Verfügung.
Steinberg B.Box
Das richtige Drumming kam häufig aus der Steinberg B.Box, eine Groove-Maschine mit eingebautem Sequenzer. Da auch diese Software wie die in einem separaten Beitrag beschriebene Software Rubber Duck H30+ über keinerlei MIDI-Anbindung verfügte, nutzte ich die Software nur zur Erzeugung von Instrumenten, die ich später in Cubase weiterverarbeitet habe. Richtig fett war die Distortion! Der legendäre Colabüchsen-Basedrum ist hiermit entstanden.
Heutzutage sieht die Welt von softwareunterstützter Musikproduktion sicherlich anders aus, das grundlegende Prinzip unter Nutzung der universiellen MIDI-Schnittstelle bleibt aber erhalten. Aufgrund von finanziellen Engpässen stellte ich das Musikmachen irgendwann ein und blieb bei meiner Lieblingsbeschäftigung als DJ KonsuMbrötchen – dem Mixen.